Sportbund Chiemgau: Die Geschichte bisher

1910 - 1920

Aller Anfang ist – nicht – schwer

Das erste offizielle Fußballspiel in Traunstein fand am 17. Juli 1910 auf der Wiese vor dem Sailer-Keller, dem heutigen „Kaufland-Gelände“, statt. Das Traunsteiner Wochenblatt vom 21.07.1910 berichtete wie folgt: „22 jugendliche kräftige Gestalten treten auf den Plan, um ein Match im Fußballspiel auszufechten und den Zuschauern das abwechslungsreiche, aber anstrengende Spiel in Wirklichkeit vor Augen zu führen.“ (Zitatende) Die „kräftigen Gestalten“ stammten allesamt vom Turnverein TV 1864, die Tore bestanden aus zwei Eisenstangen, ein Seil diente als Querbalkenersatz, als Spielkleidung wurde das vereinseigene weiße Dress genutzt, und eine Mannschaft trug zur Unterscheidung blaue Schärpen. Das Spiel endete schließlich 3:2 für die 1. Mannschaft. Mit der Niederlassung des Rechtsanwalts und Ex-Bayern-Spielers Dr. Jordan begann 1912 unter tatkräftiger Mithilfe von Hans Ficker der Fußballsport aufzuleben, doch der Ausbruch des 1. Weltkriegs stoppte den Aufschwung jäh. Nach dem Kriegsende bemühte sich wiederum Dr. Jordan, den Fußballsport in Traunstein neu zu organisieren. 1919 wurde der Beitritt zum Süddeutschen Fußballverband beschlossen, die Teilnahme an Verbandsspielen wurde ermöglicht, und am 14.11.1920 gewann man zum ersten Mal die Chiemgau-Meisterschaft durch einen 3:1-Sieg beim Favoriten Bad Reichenhall.

1920

In der Trift trifft man Damen (und Bälle)

Der Spielbetrieb fand nach dem 1. Weltkrieg auf der Triftwiese statt, in der Au. Der Bezug des Stadionnamens auf die Trift lag nahe, befand sich doch ganz in der Nähe, auf Höhe der heutigen Nepomuk-Kapelle, ein großer Triftrechen, an dem die Baumstämme aufgefangen wurden. Der Fußball hatte es in den Traunsteiner Gründerjahren nicht einfach. Die älteren Turner des Vereins wollten von dem neuen „englischen Spiel“ nichts wissen, die Schulen hatten das Fußballspiel verboten, jüngere Anhänger mussten ihre Vorliebe mit Schularrest bezahlen, ein Arzt stufte im Turnrat die „englische Krankheit“ als gesundheitsschädigend ein, und die finanzielle Unterstützung tendierte gegen Null. Solch Ungemach wurde aber dadurch gelindert, dass man gelegentlich hübsche, junge Damen bestaunen konnte, denn für die Schülerinnen von Sparz ging ein Fußweg quer durch die beiden Sportplätze.

1930 - 2012

ESV Traunstein – Ein Blick in die Vereinsgeschichte

Der Eisenbahner Sportverein (ESV) Traunstein wurde im Jahr 1930 gegründet und ging aus der damaligen Reichsbahn-Sportgemeinschaft hervor. Von Beginn an verstand sich der ESV nicht als reiner Fußballklub, sondern als Mehrspartenverein, der zahlreichen sportlichen Interessen eine Heimat bot. Neben Fußball zählten auch Handball, Leichtathletik, Skisport, Tischtennis und weitere Disziplinen zum sportlichen Angebot.

Fußball

Die Fußballabteilung des ESV erlebte vor allem in der jüngeren Vergangenheit beachtliche Erfolge. So gelang im Jahr 2004 erstmals der Aufstieg in die Bezirksliga, ein Meilenstein, der 2008 erneut erreicht wurde. Diese Erfolge zeugen vom großen Engagement im Jugend- und Aktivenbereich sowie von der kontinuierlichen Aufbauarbeit im Verein.

Handball

Besonders erfolgreich war auch die Handballabteilung. Bereits im Jahr 1976 konnte die Damenmannschaft den Titel Bayerischer Meister der 3. Liga erringen und stieg in die Regionalliga auf, in der sie sich über drei Spielzeiten behaupten konnte. Auch die Herrenmannschaft schrieb Geschichte: In der Saison 2011/2012 gelang ihr der sofortige Wiederaufstieg in die Bezirksoberliga, was das hohe sportliche Niveau und die Einsatzbereitschaft der Abteilung unterstreicht.

Skisport

Die Skiabteilung des ESV Traunstein war über viele Jahre hinweg ein Aushängeschild des Vereins und brachte einige bedeutende Persönlichkeiten des deutschen Wintersports hervor. Zu den herausragenden Mitgliedern zählt Fritz Wagnerberger, Olympiateilnehmer, mehrfacher Deutscher Meister und späterer Präsident des Deutschen Skiverbands. Ebenfalls Mitglied der Abteilung war Martin Braxenthaler, einer der erfolgreichsten Monoskifahrer weltweit. Er errang mehrere Goldmedaillen bei den Paralympischen Spielen und prägte den Behindertensport auf nationaler wie internationaler Ebene.

1945

Wiederaufbau mit Wunder-Team und Zuschauer-Rekord

Nach dem Tausendjährigen Reich, das Gott sei Dank nur 12 Jahre dauerte und zu dem leider jedwede Unterlagen fehlen, begannen Otto Huber, Gustl Langmayer, Heinrich Stadlmeyer, Anderl Schmid und Paul Helldobler den sportlichen und materiellen Wiederaufbau des FC. Der Platz wurde von schrottreifen Kriegsfahrzeugen geräumt, die Militärregierung genehmigte den Spielbetrieb, und ein schmuckes Clubheim wurde unter fleißiger Mithilfe freiwilliger Helfer errichtet. Das erste Spiel nach dem Krieg fand am 19. August 1945 auf dem FC-Platz gegen die Pioniere eines Gefangenlagers statt, der FC siegte mit 7:1, in der Mannschaft standen nicht weniger als sieben Kriegsversehrte, und das Tor hütete Albert Schneller, Architekt, Regierungsbaumeister von der Wartberghöhe.

1965 - 1999

Von Weltstars, Auswahlspielern und armen Ehrenamtlern

Immer wieder erwiesen namhafte Gegner dem FC die Ehre, im Triftstadion ihr Können zu demonstrieren. So konnte man sich mit Top-Klubs wie Bayern München, Schalke 04, VfB Stuttgart, Eintracht Frankfurt, Schachtjor Donezk, Real Mallorca, der Nationalmannschaft Japans und gleich 11-mal mit 1860 München (war ja auch der Patenverein des FC) messen. Die europäische Spitzenmannschaft Benfica Lissabon mit ihrem Trainer Jupp Heynckes und Begleiter Eusebio, als „Schwarzer Panther“ zu Europas Fußballer des Jahres 1965 gekürt, gewann 1999 vor 3000 Zuschauer 6:0. Gegen den von Werner Lorant trainierten mehrmaligen türkischen Meister Fenerbahce Istanbul erzeugten die 5000 Zuschauer orientalische Stimmung, und das 16:1 wurde 2002 sogar live in die Türkei übertragen. Mit den Weltstars konnte der FC zwar nicht ganz mithalten, aber namhafte Auswahlspieler brachte auch er immer wieder hervor. So wechselte Wiggerl Hinterstocker zum VfB Stuttgart und bestritt sogar ein Spiel in der Nationalmannschaft unter Sepp Herberger. Auch Karl Dornhecker (zum VfB Stuttgart), Sigi Manthey (zum FC Bayern München), Franz Hartl, Toni Köck, Hias Strohmayer, Sepp Fellner sowie später in den 80/90er Jahren Günter Burgstaller, Bernhard Stadlmeyer, Armin Weiß, Christian Dohlus, Dieter Schmid, Günter Enzinger, Ernst Ostermayer, Helmut Felber, Andreas Thalhauser, Andi Horner und Engi Thaler erhielten Berufungen in die Oberbayern-Auswahl.

1965 - 1999

Verschmelzung statt Vereinzelung

Bereits 1994 wurde über einen Zusammenschluss der beiden Traunsteiner Traditionsvereine diskutiert. Initiiert von ESV-Abteilungsleiter Manfred Wudy, plädierte ein Artikel im Traunsteiner Wochenblatt mit folgenden Argumenten für einen Zusammenschluss: Konzentration der Kräfte, bessere sportliche Perspektiven der Herrenmannschaften, Ausschöpfung des Nachwuchsreservoirs, Betreuung durch qualifizierte Jugendtrainer, größeres Interesse der Sponsoren. Emotionale Barrieren aufgrund jahrzehntelanger Rivalität, tief verwurzelter Vereinstreue und persönlicher Antipathien ließen diesen ersten Anlauf jedoch im Sande verlaufen. Auch der zweite Versuch durch die Jugendleitungen beider Vereine knappe zehn Jahre später scheiterte.

Beim dritten Mal klappte es dann. Besonders Helmut Schreiner, 1. Vorsitzender des 1.FC Traunstein, Christoph Kraller, Armin Brunner und Manfred Wudy vom ESV Traunstein, Christian Lay als Vorsitzender der JFG (Juniorenfördergemeinschaft, seit 2007) sowie Oberbürgermeister Manfred Kösterke waren hier die treibenden Kräfte. Am 22. April 2012 unterzeichneten schließlich die Vorsitzenden des ESV, Christoph Kraller, des FC, Engi Thaler, und der JFG, Christian Lay, die Verschmelzungs-Urkunde zum Sportbund Chiemgau Traunstein.

Jugendarbeit spielte stets eine wichtige Rolle. Seit 2016 betreibt der SBC ein Nachwuchsleistungszentrum. Nun können in Traunstein jugendliche Talente aus der ganzen Region zwischen Berchtesgaden und Rosenheim optimal gefördert werden. Zum Heimspiel der U13 gegen Bayern München (2:2) kamen z.B. 400 Zuschauer in den Jakob-Schaumaier-Sportpark – bei einem Jugendspiel wohlgemerkt.

2012 - heute

Neue Heimat

Nach der Verschmelzung der Traditionsvereine begann man mit dem Abbruch des Triftstadions und des ESV-Stadions in Empfing. Mit dem Verkaufserlös aus dem Triftstadion wurde eine gemeinsame neue Heimat in Empfing errichtet. Nach 3 Jahren Planung feierte man am 17. April 2012 den feierlichen Spatenstich und schließlich am 21. September 2013 die Einweihung des neuen Sportparks. Es entstand ein Funktionsgebäude mit Kabinen und Sanitäranlagen auf neuestem Standard, dazu eine Gaststätte – unser „Sportlerbräu“ – und eine Tribüne mit 500 Sitzplätzen, 9 Spiel- und Trainingsplätze, ein Kunstrasenplatz und eine Tartanbahn samt Leichtathletikanlage.

Quellen:

Text und Bilder: vgl. Thaler, Engelbert. 2019. “Das Triftstadion und der 1.FCT.” In: Stadt Traunstein (Hg). Traunstein ohne Salz? 147-154.

Hans Helmberger "Sport in Traunstein"